Urteil vom 09.09.2022 - 5 U 117/21

https://openjur.de/u/2451979.html

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 16. November 2021 - 4 O 105/21 - wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

III. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Gegenstand der Klage ist das Verlangen des Klägers, die Beklagte solle die Verbreitung einer bei ihrem Internetdienst "Local Reviews" eingestellten Bewertung unterlassen.

Der Kläger ist als Fachzahnarzt für Oralchirurgie in eigener Praxis tätig. Die Beklagte bietet den Internetdienst "Local Reviews" an, bei dem registrierte Nutzer der Beklagten die Möglichkeit haben, Unternehmen, Geschäfte, Arztpraxen, Orte und sonstige Einrichtungen zu bewerten. Diese Bewertungen werden bei entsprechenden Suchabfragen in der Suchmaschine der Beklagten in einem abgesetzten Bereich neben den eigentlichen Suchergebnissen angezeigt, der auch allgemeine Informationen zu der Einrichtung enthält (sog. "Local Listings"). Auch in "Google Maps" werden diese Listings angezeigt, wenn in der Karte die entsprechende Einrichtung ausgewählt wird. Über den Dienst "Google My Business" können sich die Inhaber von Unternehmen usw. registrieren, um Informationen (z. B. Öffnungszeiten) zu ihrem Local Listing einzustellen. Sie haben auch die Möglichkeit, Bewertungen zu kommentieren; diese Kommentare erscheinen dann als "Antwort vom Inhaber" im Zusammenhang mit der ursprünglichen Bewertung. Der Kläger ist für diesen Dienst bei der Beklagten registriert.

Im Dezember 2020 stellte die bei der Beklagten registrierte Nutzerin "C. B." im Local Listing des Klägers folgende Bewertung ein:

"Ich hatte gestern am 17 . Dezember 2020 einen OP Termin, wo mir 2 oder 3 Zähne entfernt werden sollten, und wollte das eigendlich selber bezahlen ( das Geld hatte ich auch dabei ) aber da ich eine Bescheinigung meiner Psychologin hatte, da ich eine panische Angst vor Spritzen hatte, und das alles in Vollnarkose stattfinden musste  und das vorzeigte, wurde meine Behandlung abgelehnt . Weil die davon ausgingen, das ich psychiche Probleme habe, das ist aber nicht der Fall, in der Bescheinigung stand nur, das bi mir Panikattacken und Ängst so starkt ausgprägt sind, das der Eingriff unter Anästie durchgeführt werden soll.

Die Behandlung wurde mir gstern 17 . Dezember verweigert.

Sehr schlecht von dieser Kieferchirugie

Update : Um 22 . Dezember 2020 um 19.41 Uhr rief mich Herr M. an, und drohte mir mit seinem Anwalt, sollte ich die negative Bewertung nicht entfernen.

Nichts gegen Herr M., doch wenn der gute Mann seinen Narkosearzt nicht im Griff hat, kann ich leider nichts dafür .

Der Termin am 17 . Dezember stand fest, doch sein Narkosearzt hat mich leider mit Schmerzen stehen lassen.

Dann muss der das mit dem Narkosearzt klären .

Ich kann keine positive Bewertung geben, wenn nichts positives ist.

PS : Der M. hat eine Anzeige auf der Polizei gemacht, wegen Verleumdung . Wegen einer Bewertung mit dem die Person nicht umgehen kann . Also da frag ich mich, ob der minderbemittelt ist .

Ganz normal ist der nicht ."

Die Prozessbevollmächtigten des Klägers beanstandeten diese Bewertung am 28. Dezember 2020 über die zu diesem Zweck von der Beklagten vorgehaltenen Online-Formulare und gaben an, zu der Bewertung gebe es "nach Prüfung der Kundenvorgänge keinen korrelierenden Kundenvorgang"; die Bewertung könne "keinem der Darstellung des Bewerters korrelierendem Vorfall zugeordnet werden". Weiter wurde ausgeführt, obwohl alle zurückliegenden Vorgänge gesichtet und alle nach außen auftretenden Mitarbeiter befragt worden seien, sei eine Zuordnung nicht möglich.

Die Beklagte leitete diese Beanstandung an die Nutzerin "C. B." weiter, die hierauf mit einer E-Mail vom 31. Dezember 2020 (Bl. 33 f. d. A.) reagierte. Darin verwahrte sie sich mit Nachdruck gegen die Behauptung, sie stehe in keinem Verhältnis zum Kläger und sei nicht Patientin dort gewesen. Weiter erläuterte sie aus ihrer Sicht die näheren Umstände des von ihr bewerteten Vorfalls.

Mit E-Mail vom 12. Januar 2021 (Anlage B5 im Anlagenband Beklagte) wandten sich die Prozessbevollmächtigten des Klägers erneut an die Beklagte, erinnerten an ihre Beanstandung der streitgegenständlichen Bewertung und behaupteten, dem Kläger sei deren "Verfasser nicht bekannt", weshalb nur die Beklagte als Störer "in Haftung genommen" werde. Die Beklagte leitete am 13. Januar 2021 die Stellungnahme der Nutzerin an die Prozessbevollmächtigten des Klägers weiter. Diese erklärten sodann in einer E-Mail vom 14. Januar 2021 (im Anlagenkonvolut B 6 im Anlagenordner Beklagte), "zu keiner Zeit" sei "das Patientenverhältnis, sondern nur die Schilderung in der Bewertung zurückgewiesen worden". Weiter vertraten die Prozessbevollmächtigten des Klägers die Auffassung, die Bewertung enthalte "nachweislich" falsche Tatsachenbehauptungen, weshalb die Beklagte verpflichtet sei, die streitgegenständliche Bewertung zu entfernen. Das lehnte die Beklagte mit E-Mail vom 14. Januar 2021 ab (Anlage B 7 im Anlagenband Beklagte). Hieran hielt sie auch nach einer Abmahnung der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 2. Februar 2021 (Anlagenkonvolut B 8 im Anlagenband Beklagte) fest, und begründete dies damit, es sei keine unschwer, also ohne eingehende rechtliche und tatsächliche Prüfung zu erkennende Rechtsverletzung festzustellen (E-Mail vom 10. Februar 2021 im Anlagenkonvolut B 8). Die Prozessbevollmächtigten des Klägers meinten daraufhin (E-Mail vom 11. Februar im Anlagenkonvolut B 8), die Beklagte habe die Pflicht, auf die erhobene Beanstandung hin ein Prüfverfahren einzuleiten, und behaupteten erneut, der Verfasser der Bewertung sei nicht bekannt.

Die auf Unterlassung der Verbreitung der streitgegenständlichen Bewertung gerichtete Klage hat das Landgericht mit dem am 16. November 2021 verkündeten Urteil (Bl. 115 d. A.) abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe ihrer Verpflichtung zur Überprüfung der beanstandeten Bewertung genügt. Diese sei insgesamt als Meinungsäußerung anzusehen, und eine für die Beklagte unschwer erkennbare Rechtsverletzung sei nicht gegeben gewesen. Der Senat nimmt gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des Urteils Bezug.

Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung verfolgt der Kläger sein Unterlassungsbegehren weiter. Er rügt, das Landgericht sei fälschlich von den Rechtsgrundsätzen ausgegangen, wie sie der BGH für die Haftung von Suchmaschinenbetreibern aufgestellt habe; die Beklagte sei hier jedoch Hostproviderin und habe daher weitergehende Prüfungspflichten. Diese habe die Beklagte verletzt, weil sie aufgrund der Reaktion des Klägers auf die Stellungnahme ihrer Nutzerin gehalten gewesen sei, diese um eine detaillierte Darlegung ihrer Beanstandungen zu bitten und den Sachverhalt auf diese Weise weiter aufzuklären. Prozessual sei von der Unwahrheit der in der Bewertung enthaltenen Tatsachenbehauptung auszugehen, weil die Beklagte der Schilderung des Klägers über den wahren Hergang des in der Bewertung angesprochenen Vorfalls inhaltlich nicht entgegengetreten sei. Außerdem stelle die Bewertung eine bloße Herabsetzung des Klägers dar und sei als "persönlich diffamierende Schmähung" aufzufassen.

Der Kläger beantragt:

Auf die Berufung des Klägers/Berufungsklägers wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 16.11.2021, Az.: 4 O 105/21 abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen am gesetzlichen Vertreter, es zu unterlassen, im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in Bezug auf die Klagepartei die folgende Äußerung der Nutzerin C. B. zu verbreiten:

Ich hatte gestern am 17 . Dezember 2020 einen OP Termin, wo mir 2 oder 3 Zähne entfernt werden sollten, und wollte das eigendlich selber bezahlen ( das Geld hatte ich auch dabei ) aber da ich eine Bescheinigung meiner Psychologin hatte, da ich eine panische Angst vor Spritzen hatte, und das alles in Vollnarkose stattfinden musste  und das vorzeigte, wurde meine Behandlung abgelehnt . Weil die davon ausgingen, das ich psychiche Probleme habe, das ist aber nicht der Fall, in der Bescheinigung stand nur, das bi mir Panikattacken und Ängst so starkt ausgprägt sind, das der Eingriff unter Anästie durchgeführt werden soll. Die Behandlung wurde mir gstern 17 . Dezember verweigert. Sehr schlecht von dieser Kieferchirugie Update : Um 22 . Dezember 2020 um 19.41 Uhr rief mich Herr M. an, und drohte mir mit seinem Anwalt, sollte ich die negative Bewertung nicht entfernen. Nichts gegen Herr M., doch wenn der gute Mann seinen Narkose-arzt nicht im Griff hat, kann ich leider nichts dafür . Der Termin am 17 . Dezember stand fest, doch sein Narkosearzt hat mich leider mit Schmerzen stehen lassen. Dann muss der das mit dem Narkosearzt klären . Ich kann keine positive Bewertung geben, wenn nichts positives ist.

PS : Der M. hat eine Anzeige auf der Polizei gemacht, wegen Verleumdung . Wegen einer Bewertung mit dem die Person nicht umgehen kann . Also da frag ich mich, ob der minderbemittelt ist . Ganz normal ist der nicht .

bewertet mit drei Sternen, wie aus der Anlage K1 ersichtlich,

wie geschehen auf der Webseite

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Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Hinsichtlich des Sachverhalts und des Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschriften des Landgerichts vom 28. September 2021 und des Senats vom 3. August 2022 sowie auf das Urteil des Landgerichts vom 16. November 2021 Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist nicht begründet. Das angefochtene Urteil beruht weder gemäß §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO auf einer Rechtsverletzung, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung. Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte nicht zu.

1.

Zu Recht hat das Landgericht die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte angenommen, die in jedem Verfahrensabschnitt und mithin auch in der Berufungsinstanz von Amts wegen zu prüfen ist (vgl. BGH, Urteil vom 27. Februar 2018 - VI ZR 489/16 Rn. 15, BGHZ 217, 350; Urteil vom 29. März 2011 - VI ZR 111/10 Rn. 6, VersR 2011, 900). Diese Zuständigkeit ergibt sich für die Klage gegen die in Irland ansässige Beklagte allerdings nicht aus § 32 ZPO, sondern aus Art. 7 Nr. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO).

a.

Nach Art. 7 Nr. 2 EuGVVO kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, in einem anderen Mitgliedstaat vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht, verklagt werden, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden. Diese Bestimmung ist autonom auszulegen (vgl. EuGH, Urteil vom 17. Oktober 2017 - C-194/16, Tz. 25; Urteil vom 25. Oktober 2011 - C-509/09 und C-161/10, Tz. 38). Die Wendung "unerlaubte Handlung oder ... Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder ... Ansprüche aus einer solchen Handlung" bezieht sich auf jede Klage, mit der eine Schadenshaftung des Beklagten geltend gemacht werden soll und die nicht an einen "Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag" im Sinne von Art. 7 Nr. 1 EuGVVO anknüpft (vgl. EuGH, Urteil vom 21. April 2016 - C-572/14, Tz. 32 mwN). Dazu gehört die Verletzung von Persönlichkeitsrechten durch Veröffentlichungen unabhängig davon, ob sie von einer natürlichen oder einer juristischen Person geltend gemacht wird (vgl. EuGH, Urteil vom 17. Oktober 2017 - C-194/16, Tz. 38 ff.; Urteil vom 25. Oktober 2011 - C-509/09 und C-161/10, Tz. 42 ff.). Art. 7 Nr. 2 EuGVVO setzt nach seinem Wortlaut nicht voraus, dass der Schaden gegenwärtig vorliegt. Daher fällt eine Klage, mit der verhindert werden soll, dass sich ein als rechtswidrig angesehenes Verhalten wiederholt, unter diese Bestimmung (vgl. EuGH, Urteil vom 25. Oktober 2011 - C-509/09 und C-161/10, Tz. 35).

Art. 7 Nr. 2 EuGVVO ("Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht") ist dahingehend auszulegen, dass eine Person, deren Persönlichkeitsrechte durch eine Veröffentlichung im Internet über sie verletzt worden sein sollen, Klage auf Richtigstellung der Angaben und auf Ersatz des gesamten entstandenen Schadens bei den Gerichten des Mitgliedstaats erheben kann, in dem sich der Mittelpunkt ihrer Interessen befindet (vgl. EuGH, Urteil vom 17. Oktober 2017 - C-194/16, Tz. 22 ff.). Dies gilt auch für Unterlassungsklagen (vgl. BGH, Urteil vom 14. Januar 2020 - VI ZR 496/18 Rn. 14, NJW 2020, 1587; Urteil vom 25. Oktober 2016 - VI ZR 678/15 Rn. 19, BGHZ 212, 318). Bei einer Person, die - wie der Kläger - eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, muss der Mittelpunkt der Interessen den Ort widerspiegeln, an dem ihr geschäftliches Ansehen am gefestigsten ist. Er ist daher anhand des Ortes zu bestimmen, an dem sie den wesentlichen Teil ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit ausübt (vgl. EuGH, Urteil vom 17. Oktober 2017 - C-194/16, Tz. 41).

b.

Danach ist die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für den streitgegenständlichen Unterlassungsantrag gegeben, weil der Kläger seine Zahnarztpraxis in M. betreibt und sich mithin dort der Mittelpunkt seiner Interessen befindet.

2.

Gleichfalls zu Recht hat das Landgericht das Rechtsverhältnis der Beteiligten nach deutschem materiellem Recht beurteilt.

a.

Die Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II-Verordnung) ist im Streitfall nicht anwendbar, da gemäß deren Art. 1 Abs. 2 lit. g außervertragliche Schuldverhältnisse aus der Verletzung der Persönlichkeitsrechte vom Anwendungsbereich der Verordnung ausgenommen sind. Vielmehr folgt die Anwendbarkeit deutschen Rechts aus Art. 40 EGBGB, dem auch der Persönlichkeitsschutz einschließlich sich daraus herleitender Unterlassungsansprüche unterfällt (vgl. BGH, Urteil vom 27. Februar 2018 - VI ZR 489/16 Rn. 22, BGHZ 217, 350; Urteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10 Rn. 15, BGHZ 191, 219) und der auch nicht durch § 3 Abs. 2 TMG verdrängt wird (BGH, Urteil vom 27. Februar 2018 - VI ZR 489/16 Rn. 23, aaO; Urteil vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08 Rn. 23, VersR 2012, 994).

b.

Gemäß Artikel 40 Abs. 1 Satz 1 EGBGB unterliegen Ansprüche aus unerlaubter Handlung zwar grundsätzlich dem Recht desjenigen Staates, in dem der Ersatzpflichtige gehandelt hat. Der Verletzte kann jedoch nach Artikel 40 Abs. 1 Satz 2 und 3 EGBGB im ersten Rechtszug bis zum Ende des frühen ersten Termins oder dem Ende des schriftlichen Vorverfahrens verlangen, dass anstelle dieses Rechts das Recht des Staates angewandt wird, in dem auch der Erfolg eingetreten ist. Diese Wahlmöglichkeit stand dem Kläger hier offen, weil der nach § 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB maßgebliche Erfolgsort in Deutschland liegt. Hier wird der soziale Geltungsanspruch des Klägers gestört bzw. gefährdet, und hier kollidiert sein Interesse an der Unterlassung der Verbreitung der streitgegenständlichen Bewertung mit dem Interesse der Beklagten an der Gestaltung ihres Internetauftritts und an der Ausübung ihres Geschäftsmodells (vgl. BGH, Urteil vom 27. Februar 2018 - VI ZR 489/16 Rn. 24, aaO; Urteil vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08 Rn. 31, VersR 2012, 994; Senat, Urteil vom 11. April 2018 - 5 U 49/17, NJW-RR 2018, 809 Rn 24). Indem der Kläger bereits in der Klageschrift sein Begehren auf Normen des deutschen Rechts (§ 823, § 1004 BGB) gestützt und damit zum Ausdruck gebracht hat, das beanstandete Verhalten der Beklagten nach diesen Rechtsgrundsätzen beurteilen lassen zu wollen, hat er von seinem Wahlrecht auch Gebrauch gemacht (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 2011 - VI ZR 93/10 Rn. 17, aaO.; Senat, Urteil vom 11. April 2018 - 5 U 49/17, aaO.).

3.

Mit Recht und von der Berufung unbeanstandet hat das Landgericht Unterlassungsansprüche des Klägers aus § 823 Abs. 1 in Verb. mit § 1004 BGB gegen die Beklagte als unmittelbare Störerin verneint. Als solche wäre die Beklagte nur dann anzusehen, wenn es sich bei der vom Kläger beanstandeten Bewertung um einen eigenen Inhalt der Beklagten handelte, wozu auch solche Inhalte gehören, die zwar von einem Dritten eingestellt wurden, die sich die Beklagte aber zu eigen gemacht hat (vgl. BGH, Urteil vom 27. Februar 2018 - VI ZR 489/16 Rn. 28, BGHZ 217, 350; Urteil vom 1. März 2016 - VI ZR 34/15, BGHZ 209, 139; OLG Karlsruhe, MMR 2017, 487). Dafür ist im Hinblick auf die in Rede stehende, mit dem Namen der Nutzerin gekennzeichnete Bewertung hier nichts ersichtlich.

4.

Zutreffend hat das Landgericht aber auch einen Unterlassungsanspruch des Klägers aus § 823 Abs. 1 in Verb. mit § 1004 Abs. 1 BGB gegen die Beklagte als mittelbare Störerin im Hinblick auf die streitgegenständliche Bewertung verneint, auch wenn es dabei teilweise auf Rechtsprechung Bezug genommen hat, die zur Haftung von Suchmaschinenbetreibern ergangen ist. Die Frage, wann die Beklagte gehalten ist, auf eine Beanstandung hin eine Bewertung zu entfernen, weil die Bewertung rechtswidrig ist, hat das Landgericht nämlich gleichwohl anhand zutreffender Maßstabe geprüft und für den vorliegenden Fall mit Recht verneint. Denn die Beklagte ist den ihr obliegenden Prüfpflichten nachgekommen, und die Verbreitung der streitgegenständlichen Bewertung ist nicht rechtswidrig, weil das Interesse des Klägers an der Unterlassung der Verbreitung die schutzwürdigen Belange der Beklagten und ihrer Nutzerin nicht überwiegt.

a.

Ein Hostprovider, also ein Anbieter von Internetdiensten, der - wie hier die Beklagte - fremde Informationen für einen Nutzer speichert (vgl. § 10 Satz 1 TMG; Senat, Urteil vom 11. April 2018 - 5 U 49/17, NJW-RR 2018, 809 Rn. 49; v. Wolff/Bullinger in: Wandtke/Bullinger, UrhG, 6. Aufl., § 97 Rn. 25), ist nicht verpflichtet, die von den Nutzern in das Netz gestellten Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen. Er ist aber als mittelbarer Störer verantwortlich, sobald er Kenntnis von einer Rechtsverletzung erlangt. Weist ein Betroffener den Hostprovider auf eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch den Nutzer eines Dienstes des Hostproviders hin, kann der Hostprovider als Störer verpflichtet sein, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern (BGH, Urteil vom 1. März 2016 - VI ZR 34/15 Rn. 23, BGHZ 209, 139; Urteil vom 25. November 2011 - VI ZR 93/10 Rn. 24, BGHZ 191, 219; vgl. auch Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09 Rn. 26, BGHZ 191, 19). Allerdings wird sich bei der behaupteten Verletzung von Persönlichkeitsrechten eine Rechtsverletzung nicht stets ohne weiteres feststellen lassen. Sie erfordert stets eine Abwägung zwischen dem Recht des Betroffenen auf Schutz seiner Persönlichkeit sowie Achtung seines Privatlebens aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK und dem durch Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK geschützten Recht des Providers auf Meinungs- und Medienfreiheit. Ist der Provider mit der Beanstandung eines Betroffenen konfrontiert, die richtig oder falsch sein kann, ist eine Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhalts unter Berücksichtigung einer etwaigen Stellungnahme des für die Äußerung verantwortlichen Nutzers erforderlich (BGH, Urteil vom 25. November 2011 - VI ZR 93/10 Rn. 24, aaO.). Stellt dieser die Berechtigung der Beanstandung substantiiert in Abrede und ergeben sich deshalb berechtigte Zweifel, ist der Provider grundsätzlich gehalten, dem Betroffenen dies mitzuteilen und gegebenenfalls Nachweise zu verlangen, aus denen sich die behauptete Rechtsverletzung ergibt. Bleibt eine Stellungnahme des Betroffenen aus oder legt er gegebenenfalls erforderliche Nachweise nicht vor, ist eine weitere Prüfung nicht veranlasst. Ergibt sich aus der Stellungnahme des Betroffenen oder den vorgelegten Belegen auch unter Berücksichtigung einer etwaigen Äußerung des Nutzers eine rechtswidrige Verletzung des Persönlichkeitsrechts, ist der beanstandete Eintrag zu löschen (BGH, Urteil vom 25. November 2011 - VI ZR 93/10 Rn. 27, aaO.).

b.

Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat die Beklagte hier ihren Prüfpflichten genügt und ist zutreffend zu der Annahme gelangt, dass das Persönlichkeitsrechts des Klägers durch die beanstandete Bewertung nicht in rechtswidriger Weise verletzt wird.

(1)

Auf die Beanstandung der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 28. Dezember 2020 hat die Beklagte eine Prüfung eingeleitet, ob die streitgegenständliche Bewertung rechtswidrig ist, und die Verfasserin der Bewertung um eine Stellungnahme gebeten. Zu diesem Vorgehen wäre die Beklagte objektiv nicht einmal verpflichtet gewesen. Denn in der Beanstandung - wie auch nachfolgend in den E-Mails vom 12. Januar 2021 (Anlage B 5) und vom 11. Februar 2021 (im Anlagenkonvolut B 8) - wurde wahrheitswidrig behauptet, dem Kläger sei der Verfasser der Bewertung nicht bekannt, womit bei der Beklagten - bewusst - der falsche Eindruck erweckt wurde, es bestehe überhaupt kein Patientenverhältnis der Nutzerin zum Kläger. Die auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 3. August 2022 von den Prozessbevollmächtigten des Klägers wiederholte, bereits erstinstanzlich im Schriftsatz vom 28. September 2021 (dort Seite 6 f., Bl. 75 f. d. A.) aufgestellte Behauptung, es sei nicht beabsichtigt gewesen, ein Patientenverhältnis zu bestreiten, entspricht nach Überzeugung des Senats gleichfalls nicht der Wahrheit, weil die Beanstandung anders nicht verstanden werden kann und die Angaben in den E-Mails vom 12. Januar 2021 und vom 11. Februar 2021 vor dem Hintergrund der ursprünglichen Beanstandung mit einem "Versehen" nicht zu erklären sind. Vielmehr spricht alles dafür, dass hier der Versuch unternommen wurde, eine Löschung der Bewertung zu erreichen, indem gezielt die für die Zulässigkeit der Bewertung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entscheidende Tatsachengrundlage - Bestehen eines Behandlungsverhältnisses, vgl. BGH, Urteil vom 1. März 2016 - VI ZR 34/15 Rn. 36, BGHZ 209, 139 - der Wahrheit zuwider in Abrede gestellt wurde. Indes können Beanstandungen gegenüber einem Hostprovider, die auf (bewusst) falschen Tatsachenvortrag gestützt werden, Prüfungspflichten des Hostproviders nicht auslösen, weil falsche tatsächliche Behauptungen objektiv ungeeignet sind, die Rechtswidrigkeit der beanstandeten Bewertung zu begründen. Dessen ungeachtet hatte die Beklagte durch die überobligatorisch eingeleitete Prüfung und die daraufhin von der Nutzerin abgegebene ausführliche Stellungnahme den Sachverhalt so weit aufgeklärt, wie es möglich und geboten war. Daher brauchte sie auf die Beanstandung der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 14. Januar 2021, die sich erstmals inhaltlich mit der Bewertung auseinandersetzte, keine weitere Sachaufklärung mehr zu betreiben, denn die unterschiedlichen Standpunkte des Klägers und der Nutzerin waren ihr bereits bekannt. Es ist für den Senat nicht erkennbar, warum die Beklagte - wie der Kläger meint - in dieser Situation nochmals gehalten gewesen sein soll, eine weitere Stellungnahme der Nutzerin einzuholen, nachdem diese das tatsächliche Geschehen, das ihrer Bewertung zugrunde lag, sowohl in der Bewertung selbst als auch in ihrer E-Mail vom 31. Dezember 2020 (Anlage B 4) bereits eingehend aus ihrer Sicht geschildert hatte. Der Kläger zeigt auch nicht konkret auf, welches Sachverhaltselement noch weiterer Aufklärung bedurft hätte, zumal sich dem Senat nicht erschließt, warum sich aus einer zusätzlichen und ergänzenden Stellungnahme der Nutzerin etwas für den Standpunkt des Klägers Günstiges hätte ergeben können. Jedenfalls ist die der Beklagten im Rahmen ihrer Prüfpflichten obliegende Aufklärung des Sachverhalts kein Selbstzweck, weshalb sie auf die inhaltliche Beanstandung der Prozessbevollmächtigten des Klägers hin die Nutzerin nicht nochmals zu einer Stellungnahme aufzufordern brauchte. Wie weiter unten noch auszuführen sein wird, genügten die bereits bekannten Umstände, um eine Entscheidung über die Berechtigung der Beanstandung treffen zu können.

(2)

Die Beklagte war nicht zur Löschung der streitgegenständlichen Bewertung verpflichtet, weil die geschützten Interessen des Klägers die schutzwürdigen Belange der Beklagten und deren Nutzerin (vgl. BGH, Urteil vom 1. März 2016 - VI ZR 34/15 Rn. 31, BGHZ 209, 139) nicht überwiegen. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht stellt einen offenen Tatbestand dar, dessen Inhalt und Grenzen sich erst aus einer Abwägung mit den im Einzelfall konkret kollidierenden Interessen anderer ergeben. Bei der Abwägung sind die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen. Der Eingriff in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist nur dann rechtswidrig, wenn das Interesse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange des Äußernden überwiegt (vgl. BGH, Urteil vom 14. Januar 2020 - VI ZR 496/18 Rn. 43, NJW 2020, 1587; Urteil vom 10. April 2018 - VI ZR 396/16 Rn. 19, NJW 2018, 2877; Urteil vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14 Rn. 16, NJW 2015, 773; Senat, Urteil vom 24. Februar 2021 - 5 U 35/20). Das ist hier nicht der Fall.

(a)

Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass es sich bei der streitgegenständlichen Bewertung trotz der in ihr enthaltenen tatsächlichen Elemente um eine Meinungsäußerung und nicht um eine Tatsachenbehauptung handelt, wovon auch das Landgericht zu Recht ausgegangen ist.

(aa)

Tatsachenbehauptungen sind durch die objektive Beziehung zwischen Äußerung und Wirklichkeit charakterisiert. Demgegenüber werden Werturteile und Meinungsäußerungen durch die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage geprägt. Wesentlich für die Einstufung als Tatsachenbehauptung ist danach, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit Mitteln des Beweises zugänglich ist. Dies scheidet bei Werturteilen und Meinungsäußerungen aus, weil sie durch Elemente der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet sind und sich deshalb nicht als wahr oder unwahr erweisen lassen. Eine Äußerung, die auf Werturteilen beruht, kann sich als Tatsachenbehauptung erweisen, wenn und soweit bei dem Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorgerufen wird. Auch die schlagwortartig verkürzte Wiedergabe eines Sachverhalts kann selbst dann, wenn sie sich wertender Schlagworte bedient, unrichtige Tatsachenbehauptungen enthalten. Anders liegt es jedoch, wenn der tatsächliche Gehalt der Äußerung so substanzarm bleibt, dass er gegenüber der subjektiven Wertung ganz zurücktritt (BGH, Urteil vom 26. Januar 2021 - VI ZR 437/19 Rn. 23, VersR 2021, 856; Urteil vom 27. September 2016 - VI ZR 250/13 Rn. 25f., NJW 2017, 482). Sofern eine Äußerung, in der Tatsachen und Meinungen sich vermengen, durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt sind, wird sie als Meinung von dem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt. Das gilt insbesondere dann, wenn eine Trennung der wertenden und der tatsächlichen Gehalte den Sinn der Äußerung aufhöbe oder verfälschte. Würde in einem solchen Fall das tatsächliche Element als ausschlaggebend angesehen, so könnte der grundrechtliche Schutz der Meinungsfreiheit wesentlich verkürzt werden (BGH, Urteil vom 26. Januar 2021, aaO.; Urteil vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14 Rn. 8, NJW 2015, 773; BVerfG, Beschluss vom 9. Dezember 2020 - 1 BvR 704/18, juris Rn. 21; Senat, Urteil vom 1. Dezember 2021 - 5 U 51/20). Im Zweifel ist im Interesse eines wirksamen Grundrechtsschutzes davon auszugehen, dass es sich um eine Meinungsäußerung handelt (BGH, Urteil vom 26. Januar 2021, aaO.; BVerfG, Beschluss vom 9. Dezember 2020, aaO.). Die Wahrheit oder Unwahrheit des Tatsachenkerns der Äußerung ist dann im Rahmen der Abwägung der schutzwürdigen Belange der streitenden Parteien zu berücksichtigen (BVerfG, Beschluss vom 8. Mai 2007 - 1 BvR 193/05, NJW 2008, 358, Rn. 24 bei juris; BGH, Urteil vom 20. November 2007 - VI ZR 144/07, VersR 2008, 1081; Senat, Urteil vom 1. Dezember 2021 - 5 U 51/20).

(bb)

Danach stellt sich die Bewertung insgesamt als Meinungsäußerung dar. Schon der Rahmen, in welchem sie getätigt wurde, weist sie als Meinung aus, denn zu ihrer Veröffentlichung wurde eine Möglichkeit zur Bewertung von Unternehmen und sonstigen Einrichtungen genutzt, bei denen ein Leser - jedenfalls wenn sich wie hier ein als solcher erkennbarer medizinischer Laie zu ärztlichen Leistungen äußert - regelmäßig subjektive Werturteile und keine Tatsachenfeststellungen erwarten wird (vgl. BGH, Urteil vom 1. März 2016 - VI ZR 34/15 Rn. 35, BGHZ 209, 139; Urteil vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08 Rn. 39, BGHZ 181, 328). Zudem dient der von der Nutzerin verfasste Text zur Erläuterung der - wiederum offenkundig subjektiven (vgl. OLG Dresden, MMR 2021, 257) - Bewertung der Zahnarztpraxis des Klägers mit einem von fünf möglichen "Sternen" und der resümierenden Zusammenfassung "Sehr schlecht von dieser Kieferchirurgie". Zwar bezieht die Nutzerin auch Tatsachenelemente in ihre Bewertung mit ein (etwa die Aussage, sie sei an dem vereinbarten Termin nicht behandelt worden), doch liegt der wesentliche Aussagegehalt der Bewertung darin, wie die Nutzerin die von ihr angesprochenen Tatsachen subjektiv einschätzt und beurteilt.

(b)

Stellt die streitgegenständliche Bewertung demnach eine Meinungsäußerung dar, ist bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen der Beteiligten somit zugunsten der Beklagten wie der Nutzerin der Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG zu berücksichtigen, der jedermann das Recht gewährleistet, seine Meinung frei zu äußern und zu verbreiten. Dabei genießen Meinungen den Schutz des Grundrechts, ohne dass es darauf ankäme, ob die Äußerung wertvoll oder wertlos, "richtig" oder "falsch", begründet oder grundlos, emotional oder rational ist. Auch scharfe und übersteigerte Äußerungen fallen grundsätzlich in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG. Erst wenn bei einer Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Herabsetzung der Person im Vordergrund steht, hat eine solche Äußerung als Schmähung regelmäßig hinter dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen zurückzutreten. Gleiches gilt für Formalbeleidigungen und Anprangerungen. Wegen seines die Meinungsfreiheit verdrängenden Effekts ist der Begriff der Schmähkritik allerdings eng auszulegen. Danach macht auch eine überzogene oder gar ausfällige Kritik eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Hinzutreten muss vielmehr, dass bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung im Vordergrund steht, die jenseits polemischer und überspitzter Kritik in erster Linie herabsetzen bzw. gleichsam an den Pranger stellen soll (vgl. BGH, Urteil vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 Rn. 18, NJW 2009, 1872). Das ist hier nicht der Fall. Die Nutzerin übt hier zwar sehr deutliche Kritik am Kläger (und dem nicht näher identifizierten "Narkosearzt"), der aber niemals der Sachbezug fehlt. Auch wo die Nutzerin sich "fragt", ob der Kläger "minderbemittelt" sei, steht nicht die Diffamierung des Klägers im Vordergrund, sondern die - pointierte - Kritik der Nutzerin an der aus ihrer Sicht wenig souveränen und überzogenen Reaktion des Klägers auf ihre negative Bewertung und ihre Weigerung, diese zu entfernen.

(c)

Bei der Abwägung spricht weiter für die Zulässigkeit der Meinungsäußerung der Nutzerin der Beklagten und damit auch für die Zulässigkeit der Verbreitung durch die Beklagte selbst, dass die in der streitgegenständlichen Bewertung mit der Meinungsäußerung verwobenen Tatsachenelemente nach der von der Beklagten durchgeführten Prüfung nicht als unzutreffend feststehen (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 2017 - VI ZR 123/16 Rn. 26 f., NJW 2017, 2029). Soweit der Kläger dies teilweise anders sehen möchte, misst er den Aussagen der Nutzerin einen Bedeutungsgehalt bei, der ihnen bei objektiver Betrachtung überhaupt nicht zukommt. Im Hinblick auf verbleibende Widersprüche zwischen den beiden Schilderungen waren weitere Sachverhaltsermittlungen der Beklagten weder möglich noch geboten.

(aa)

Die Nutzerin schildert nicht, wie der Kläger geltend macht, ihre operative Behandlung sei abgelehnt und ersatzlos verweigert worden. Sie teilt im Tatsächlichen lediglich mit, die vereinbarte Behandlung am 17. Dezember 2020 sei abgelehnt worden, weil der Anästhesist keine Vollnarkose durchführen wollte - was auch der Darstellung des Klägers entspricht. Zu der Frage, ob die Behandlung zu einem späteren Zeitpunkt noch hätte durchgeführt werden können, verhält sich die Bewertung überhaupt nicht, weshalb ihr auch nicht die Aussage entnommen werden kann, die Behandlung sei "ersatzlos" verweigert worden. Ebenso wenig behauptet die Nutzerin, ihre Behandlung sei "grundlos" oder "ohne medizinischen Grund" abgelehnt worden; vielmehr stellt sie einen Zusammenhang mit der von ihr vorgelegten Bescheinigung her, die ihr eine "Spritzenphobie" attestierte. Genau dies war auch nach Angaben des Klägers der Grund, warum die Nutzerin an jenem Tag nicht behandelt wurde. Der Bewertung lässt sich auch nicht die Aussage entnehmen, die Nutzerin sei unbehandelt geblieben, obwohl sie "offensichtlich Schmerzen" gehabt habe. Ob die Nutzerin die Mitarbeiter der Zahnarztpraxis des Klägers auf akute Schmerzen hingewiesen hat oder nicht, teilt sie überhaupt nicht mit, und dass ihre Schmerzen "offensichtlich" gewesen seien, sagt sie ebenfalls nicht.

(bb)

In ihrer Stellungnahme vom 31. Dezember 2020 hatte die Nutzerin nochmals den Hergang des Geschehens aus ihrer Sicht dargestellt. Soweit sich daraus überhaupt inhaltliche Differenzen zu den Tatsachenbehauptungen des Klägers in der Beanstandung seiner Prozessbevollmächtigten vom 14. Januar 2021 ergaben, brauchte die Beklagte nicht weiter aufzuklären, welche Darstellung zutrifft. Sowohl der Kläger als auch seine Patientin hatten einen im Kern übereinstimmenden (eine geplante Behandlung wurde im Hinblick auf eine von der Patientin vorgelegte Bescheinigung nicht durchgeführt) Sachverhalt geschildert, der sich - bei zutreffender Würdigung des Inhaltes der Bewertung - lediglich in Details unterschied. Ob nun der Kläger diese Details, bei denen es im Wesentlichen darum ging, was genau der Kläger (oder der Anästhesist) zu der Patientin als Begründung für die Nichtdurchführung der Behandlung an jenem Tag angegeben und was wiederum diese geäußert hatte, richtig dargestellt hatte oder seine Patientin, konnte die Beklagte mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln nicht aufklären, denn objektive Belege für die zumindest indizielle Richtigkeit des einen oder des anderen Standpunkts gab und gibt es - anders als etwa bei der Frage, ob ein Behandlungskontakt überhaupt stattgefunden hat; vgl. BGH, Urteil vom 1. März 2016 - VI ZR 34/15 Rn. 43, BGHZ 209, 139 - vorliegend nicht.

(d)

Schließlich ist bei der Abwägung zugunsten der Beklagten zu berücksichtigen, dass der von ihr betriebene Internetdienst - jedenfalls soweit es dabei um die Möglichkeit geht, Ärzte zu bewerten - eine von der Rechtsordnung gebilligte und gesellschaftlich erwünschte Funktion erfüllt (vgl. BGH, Urteil vom 1. März 2016 - VI ZR 34/15 Rn. 40, BGHZ 209, 139; Urteil vom 23. September 2014 - VI ZR 358/13 Rn. 39 f., BGHZ 202, 242), auch wenn die Beklagte als in Irland ansässige Gesellschaft sich insoweit nur auf Art. 5 Abs. 1 GG berufen kann und darüber hinaus nicht auch noch den Schutz des Art. 12 Abs. 1 GG genießt (vgl. Scholz in: Dürig u. a., Grundgesetz-Kommentar, 97. EL Januar 2022, Art. 12 Rn. 107 mwN.).

(e)

Andererseits wird der Kläger durch die negative Bewertung in seinem von Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG (auch in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 GG) und Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleisteten Interesse am Schutz seiner sozialen Anerkennung und seiner (Berufs-)Ehre betroffen. Darüber hinaus ist die Bewertung auch geeignet, seine Chancen im Wettbewerb mit anderen Ärzten zu beeinträchtigen (vgl. BGH, Urteil vom 1. März 2016 - VI ZR 34/15 Rn. 41, BGHZ 209, 139). Indes überwiegen diese Interessen des Klägers vorliegend nicht, denn wer mit einem Angebot unternehmerischer Leistungen an die Öffentlichkeit tritt, hat Kritik an diesen Leistungen grundsätzlich hinzunehmen (vgl. BGH, Urteil vom 14. Januar 2020 - VI ZR 496/18 Rn. 52, NJW 2020, 1587; Urteil vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14 Rn. 21, NJW 2015, 773). Ganz allgemein vermittelt das allgemeine Persönlichkeitsrecht kein Recht, in der Öffentlichkeit so dargestellt zu werden, wie es dem eigenen Selbstbild und der beabsichtigten öffentlichen Wirkung entspricht. Betroffene können sich nicht von Rechts wegen aus der Gesamtheit ihres sozialbezogenen Verhaltens und der darin zum Ausdruck kommenden Persönlichkeit diejenigen Aspekte herausgreifen, von denen sie sich eine positive Außenwirkung versprechen und alles andere einseitig dem Blick der Öffentlichkeit entziehen (BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2020 - 1 BvR 1240/14 Rn. 16, AfP 2020, 307; Beschluss vom 25. Januar 2012 - 1 BvR 2499/09 Rn. 37, AfP 2012, 143; BGH, Urteil vom 9. März 2021 - VI ZR 73/20 Rn. 21, VersR 2021, 795). In der hier alleine betroffenen Sozialsphäre des Klägers hat sich dieser wegen der Wirkungen, die seine berufliche Tätigkeit für andere hat, von vornherein auf die Beobachtung seines Verhaltens durch eine breitere Öffentlichkeit und auf Kritik an seinen Leistungen einzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 23. September 2014 - VI ZR 358/13 Rn. 35, BGHZ 202, 242; Urteil vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08 Rn. 31, BGHZ 181, 328; Urteil vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07 Rn. 29, NJW 2008, 2110). Dies gilt namentlich auch bei freiberuflich tätigen Ärzten wie dem Kläger, die ihre Leistungen in Konkurrenz zu anderen Ärzten anbieten. Nicht diffamierende Meinungsäußerungen im Rahmen der Sozialsphäre sind jedoch nur bei schwerwiegenden Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht unzulässig, wenn etwa eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen sind (vgl. BGH, Urteil vom 23. September 2014 - VI ZR 358/13, aaO.; Urteil vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, aaO.; Urteil vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 261/10 Rn. 14, VersR 2012, 368). Das ist hier nicht der Fall.

5.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

Der Streitwert für das Berufungsverfahren ist gemäß § 48 GKG in Verb. mit § 3 ZPO entsprechend der Angabe des Klägers auf 10.000 Euro festzusetzen, nachdem er nicht nur eine ideelle Beeinträchtigung durch die streitgegenständliche Bewertung, sondern auch daraus resultierende wirtschaftliche Nachteile für seine Zahnarztpraxis geltend gemacht hat.